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über Perazzi-Raumkunst
Kapitel III
FARBE
VIOLETT
GELB
10.06.2023
Kapitel III
In diesem Kapitel widmen ich mich den beiden Komplementär Farben Violett & Gelb. Zum einen, da ich Violett in all seinen Schattierungen und Nuancen
liebe, zum anderen, ist sie einfach nur ein Statement. Ob in der Mode, Einrichtung oder Kunst. Und Gelb ist einfach so fröhlich und hebt die Laune, wie die
Sonne am Himmel.
DIE FASZINIERENDE WELT DER FARBEN
BLOG-Serie in mehreren Teilen
Architektur & Design
Violett sollte in der Raumgestaltung sehr bedacht eingesetzt werden,
denn sie ist äußerst lichtabhängig. Violett wirkt je nach Beleuchtung
äußerst unterschiedlich, besonders da es nachts bei Kunstlicht gräulich
wirken kann. Es besteht keine Beständigkeit des Farbeindruckes, wie z.B.
bei der Komplementärfarbe Gelb. Werden Violett-Töne, zu pastelligen
Flieder-Tönen weißgebrochen, wirken sie als Wandfarbe leicht und
angenehm. Kräftige Violett-Töne hingegen eignen sich perfekt für die
Akzentuierung einzelner Flächen der Wandgestaltung, Möbeln und
Accessoires.
Eine Besonderheit ist die Farbe Mauve. Sie wurde von einem 18-jährigen
britischen Chemikerstudent namens William Henry Perkin (1838-1907) im
19. Jahrhundert zufällig entdeckt, als er an einem Mittel gegen Malaria
forschte. Als Wandfarbe mit einem pudrigen Unterton ist sie eine edle und
elegante Farbe, passend für all diejenigen, die helle Grautöne zu
unromantisch und Rosa zu mädchenhaft empfinden. Geradezu für jene,
die Lila lieben, aber sich eine Farbe wünschen, die sanfter und neutraler ist.
Mauve wurde zur einflussreichsten Farbe der viktorianischen Epoche
(1837 - 1901) Und durch den kulturellen Einfluss des British Empire zugleich
auch weltweit populär. Moden kommen und gehen, doch Mauve blieb!
Allerdings entwickelte sich Mauve schon bald zum Synonym für alternde
Damen. Oscar Wilde (1854 - 1900) schrieb dazu den amüsanten Satz “Traue
nie einer Frau die Mauve trägt“. Gott sei Dank, erfreut sich dieser
wunderbare Farbton wieder großer Beliebtheit.
IRIS MAUVE
Gelb ist geradezu DIE Farbe mit positiver Ausstrahlung, die gekonnt
eingesetzt gute Laune verbreitet. Je nach Nuance kann sie elegant und
raffiniert , üppig und edel oder strahlend und auffällig wirken.
Gelb wird häufig unterschätzt! Obwohl sie enorm unterschiedlich
eingesetzt werden kann und diverseste Wirkungen hervorruft. Die Natur
macht es uns vor. Denken wir an einen sonnigen Maitag, den Blick auf ein
Rapsfeld gerichtet und den strahlend blauen Himmel darüber.
Überwältigend! Oder denken wir an die Sonnenblume mit ihren saftig-
grünen Stielen und Blättern und dem bräunlichen Korb. Fantastisch! Oder
die Butterblume im dunkelgrünen Rasen. Alles Farbkombinationen die
wunderschön sind. Genau diese Farbkombinationen machen unsere Räume
zu Wohlfühl-Oasen.
Frisches , lebhaftes Sonnen- oder Zitronengelb hellt Räume auf und
verbreitet Wohlfühlstimmung. Gelb kann man mit fast jeder Farbe optimal
kombinieren. Es ist die Frage der Nuance und der Gewichtung. Wenn Gelb
eine elegante Hauptrolle spielen soll finde ich die Kombination mit
Grautönen, Schwarz, Weiß, Stahl und Silber eine gelungene Kombination.
Erdige Töne wie Ockergelb, Safran oder das warme Indischgelb haben
einen ganz besonderen Charakter. Kombiniert mit einem noblen
Königsblau und dunklen Hölzern zeigt der Style einen ausgefallenen und
exquisiten Geschmack der Bewohner.
Gelb, kombiniert mit der Komplementärfarbe Violett ist ein Knaller. Bei
dieser Farbkombination steigern sich die beiden Farben, wodurch beide
mehr Glanz bekommen. Goethe (1749-1832) und die Pointillisten wie
Seurat (1859-1891) und Signac (1863-1935) liebten diese
Farbkombination, die besonders gefällig wirkt, wenn sie weißgebrochen
werden.
Grundsätzlich sind hellere Nuancen leichter einzusetzen und zu
kombinieren. Aber Vorsicht - es gibt kalte, grelle und warme Gelbtöne. Die
Lichtverhältnisse im Raum sollten unbedingt mit einbezogen werden. Gelb
kann in Räumen in denen das Tageslicht einen Blaustich hat (meist Zimmer
im Norden) kränklich wirken und somit den eigentlichen Zweck verfehlen.
Gelb wird gerade für Wohnräume empfohlen, welche die
Kommunikation, als auch den Appetit fördern. Zum Beispiel Küchen, aber
auch für Büros, Forschungsinstitute und Klassenzimmer eignet sich Gelb
hervorragend. Überall, da wo man „denkt“, bringt Gelb die nötige Neugier
und Klarheit und nicht zuletzt sind Soiréen in Botschaften mit gelben
Wänden immer ein Erfolg.
ABER VORSICHT- wohin einen eine gelbe Wandfarbe bringen kann, zeigt
die berühmte Kurzgeschichte „Die gelbe Tapete“ von Charlotte Perkins
(1860 - 1935) , die 1892 erschien. Ein Arzt bringt seine von Depressionen
geplagte junge Frau zur Ruhekur in ein einsames Landhaus. Er schließt sie
dort in ein Zimmer mit einer gelben Tapete ein. Die Frau empfindet diese
Tapete als extrem abstoßend, was sie nach und nach in den Wahnsinn
treibt. Seit dieser Geschichte gilt die gelbe Tapete als Symbol psychischer
Erkrankungen bei Frauen.
Bunt Gemischtes
Violett steigert die Attraktivität von Frauen und auch von Männern.
Kaum einer verkörpert das mehr als Lapo Elkan (Lieblingsenkel des Fiat-
Herrschers Agnelli) ein hedonistischer Alleskönner der einen morbiden
Tanz auf der Rasierklinge lebt. Keine geringere als Anna Wintour
bezeichnete Lapo einst als „elegantesten Mann des Planeten“ und Vanaty
Fair kürte ihn bis dato vier Mal zum „bestgekleideten Mann der Welt“.
Violett wurde keineswegs zufällig zum Zeichen der Schwulen und
Lesbenbewegung Europas und Amerikas. Auch in der Gruppensprache
„Polari“ die in der Szene häufig genutzt wurde , um in der Öffentlichkeit
ungestört zu kommunizieren, bezeichnen sich Homosexuelle gerne als
„mauve“. Auch wurde sie zur Farbe der Femme fatale, die unverheiratet
bleiben wollte und liebte, wen immer sie wollte.
Purpur ist der teuerste Farbstoff der Welt, ca 70 mal so wertvoll wie
Gold. Der brillante blauviolette Farbstoff wird aus dem Drüsensekret der
Purpurschnecke Murex gewonnen. 3 Millionen Purpurschnecken werden
zum Färben eines Königsmantels benötigt. Dem Farbhistoriker Hans-
Heinrich Vogt zufolge kostete das Färben von einem Kilogramm Wolle
umgerechnet etwa € 3.500
Kaum eine Farbe kann auf so wirkmächtige Geschichte zurückblicken.
Durch die Perserkriege wurde Purpur im antiken Griechenland zum Symbol
fremdländischer Herrschaft. Der Besitz von Purpurkleidung wurde in
großen Stadtstaaten wie Sparta und Athen mit verbrecherischer
Gewaltherrschaft gleichgesetzt. Auffällig ist die sprachliche Nähe von
Violett und Gewalt - Violenta. Erst als sich Alexander der Große in einer
purpunen Tunika verherrlichen ließ, flaute die allgemeine Abneigung ab.
Das Alexander-Mosaik, welches im Nationalmuseum in Neapel zu
besichtigen ist, gibt Auskunft über die persische Tradition, die von den
Herrschern der Griechen, Karthagern, Etruskern und Römern übernommen
wurde.
Im antiken Rom blieb es allein dem Kaiser vorbehalten, sich von der Toga
bis zu den Schuhen in Purpur zu zeigen. Senatoren mussten mit einem
purpurnen Streifen auf ihrer Toga vorlieb nehmen. Der Purpur
kennzeichnete die Hierarchie im Staatsapparat wieder und war mit
Rechten, Privilegien und Ansehen verknüpft. Verstöße dagegen wurden
streng geahndet oder gar mit dem Tode bestraft.
Von der ägyptischen Königin Kleopatra , (die bekannt dafür war den
Kaiser Julius Cäsar zu necken), wurde überliefert, dass sie ihr Schiff unter
purpurnem Segel fahren ließ und ihren Geliebten Julius auf purpurnen
Polstern empfangen hat, aus reiner Provokation
Da wir gerade dabei sind: Keine andere Schauspielerin verkörperte die
Schönheit Kleopatras so sehr wie Elisabeth Taylor im Film „Cleopatra“ im
Jahre 1963. Durch eine Gendefekt, mit dem Elisabeth (1932-2011) geboren
wurde, hatte sie zwei Wimpernreihen und hatte somit stets einen
dramatischen Wimpernaufschlag. Das markanteste waren allerdings ihre
violetten Augen! Und auch in diesem Falle kann man im Netz immer wieder
lesen, dass es dieses Phänomen nicht gibt und sie Kontaktlinsen trug!
Farbige Kontaktlinsen waren jedoch erst 20 Jahre später, ab 1983 im
Handel erhältlich!
Dr. Norman Saffra, Vorsitzender der Abteilung für Ophthalmologie im
Maimonides Medical Center in Brooklyn, New York behauptet, dass es
möglich ist, eine violette Augenfarbe zu haben, es hängt von der
Melaninmenge ab, denn das Aussehen der Iris hängt davon ab, wie viel
natürliches Pigment Melanin es enthält. Taylors Augen hatten eine sehr
spezifische und seltene Menge Melanin, ungefähr dasselbe wie eine Person
mit blauen Augen. "Es gibt verschiedene Blautöne und Grautöne mit vielen
dazwischen. Violett war ihre typische Pigmentierung gewesen sein.
Darüber hinaus kann die Augenfarbe sich auch aufgrund der
Lichtabsorption des Auges ändern, so Dr. N. Saffra. Und selbstverständlich
kann auch Makeup die Farben der Augen hervorheben. Elisabeth trug meist
blauen oder violetten Lidschatten und schwarzen Eyeliner, um ihre
einzigartige Augenfarbe hervorzuheben!
Violett verleiht Verpackungen einen geheimnisvollen Touch. Man
verwendet sie erfolgreich für Parfums. In Asien allerdings macht sie Angst
und hemmt die Kaufentscheidung.
Als der Farbfeldmaler Mark Rothko (25.9.1903-25.2.1970) damit
beauftragt wurde einen Bilderzyklus für eine Kapelle in Houston zu
gestalten, beschränkte er sich auf eine einzige Farbe-ein dunkles, fast schon
düsteres Violett. Rothko selbst wird mit den Worten zitiert“Ich bin daran
interessiert, die grundlegenden menschlichen Emotionen auszudrücken:
Tragödie, Ekstase, Untergang usw. Und die Tatsache, dass viele Menschen
vor meinen Bildern zusammenbrechen und weinen, zeigt, dass ich mit
diesen grundlegenden menschlichen Emotionen kommuniziere. 1970
brachte er sich in seinem Atelier um.
Gelb ist eine der ambivalentesten Farben. Es ist erstaunlich, dass seine
Komplementärfarbe Violett ähnlich schwer einzuordnen ist. Kaum eine
Farbe ist mit soviel positivem, als auch negativem, behaftet wie die Farbe
Gelb. Gelb steht in vielen Kulturen für die Farbe Gottes und des Geistes.
Licht und Glanz gibt man mit Gelb wider - aber selbst die Farbe des Lichts
hat ihre Schattenseiten. Sie symbolisiert auch Verrat, Neid, Betrug,
Eifersucht, Misstrauen, Falschheit und Geiz.
Gelb wirkt sympathisch, jung und lebensfroh. Darum wussten auch die
Erfinder vieler wunderbarer Comicfiguren wie die Simpsons
(Erstausstrahlung 1989) oder Minions (Erscheinungsjahr 2015) oder die
entzückenden Figuren wie Woodstock und Charlie Brown (Erster Auftritt
1948). 1998 machte sich der Entwickler Shigetaka Kurita (*1972) auf die
Suche nach „Bilderbuchstaben“ mit denen Menschen ihre Emotionen
einfach zum Ausdruck bringen können. Das war die Geburtsstunde des
gelben „Emojis“ (1999) die Menschen aller Kulturen intuitiv verstehen. Pate
gestanden haben ihm die sonnengelben „Smileys“ des Werbegrafikers,
Harvey Ball (1921-2001) der die Symbole 1963 erfand.
Gelb hat eine lange Tradition, um Randgruppen und Ausgestoßene zu
stigmatisieren. Bereits im Alten Testament wird die Farbe Gelb mit
Aussätzigkeit in Verbindung gebracht. In der christl. Ikonographie war Gelb
die Symbolfarbe für Judas, der für Neid, Eifersucht, Habgier, Verrat und
Untreue steht. Und auch Berthold von Regensburg (ca. 1210-1272) ein
einflußreicher Prediger, forderte, dass die Huren Gelb tragen sollten. Im
alten Rom genügten Kordeln oder Tücher in Gelb um als solche erkannt zu
werden.
Und in Venedig mussten die Juden ab 1397 ein gelbes Zeichen auf der
Kleidung tragen oder einen gelben Hut. Ich möchte aber darauf hinweisen,
dass die Venezianer und die Juden, auch nach der Erschaffung des Ghettos
(29.3.1516), harmonisch miteinander lebten und von der Signoria beschützt
wurden.
Und jetzt mal wieder was lustiges - im Jahre 2010 ordnete der
Bürgermeister von Els Alamus im Nordosten von Spanien, das Tragen von
ganz besonderer Reizwäsche für Prostituierte, an. Von da an mussten diese
Warnwesten tragen, um sie zukünftig vor Verkehrsunfällen im klassischen
Sinn zu schützen. Die gelben Warnwesten sind vielleicht nicht ganz so
verführerisch, dafür aber gut zu sehen.
Viele bedeutende Künstler widmeten sich der Farbe Gelb. Der uns wohl
Bekannteste ist kein geringerer als Vincent van Gogh (1853-1890) mit
seinen weltberühmten Sonnenblumen. Allerdings veränderte sich das
verwendete Chromgelb im Laufe der Zeit unter UV-Licht und nahm
allmählich eine grün/bräunliche Färbung an. Seine Bilder, die wir heute
bewundern wirken dadurch harmonischer, idyllischer und romantischer als
die weitaus poppigeren Originale.
Auch Gustav Klimt (1862-1918) liebte die Farbe Gelb, obwohl streng
genommen seine Arbeiten nur im Nachdruck Gelb sind. Im Original
verwendete der Österreicher am liebsten echtes Gold. Und nicht zu
vergessen, die berühmte Banane von Andy Warhol (1928-1987) , die das
Plattencover (1967) von der NY Band „The Velvet Underground“ ziert.
Gelb war DIE Modefarbe vom Ende des 19. bis zum Anfang des 20.
Jahrhunderts. Es war so dominierend, dass man die Zeit oft „die gelben
Neunziger“ nannte. Abendkleider aus gelber Seide waren in und galten als
erotisch. Henri Toulouse-Lautrec (1864-1901) verwendete in seinen
Plakaten ein leuchtendes Gelb . Dieses Gelb entsprach dem Mythos dieser
Aufbruchstimmung. Man wollte modern sein und auffallen. Da drängte sich
Gelb geradezu auf.